Geburtspositionen: Besser hocken, liegen oder knien?


Von Windelprinz Redaktion -
           
Geburtspositionen
 © Ken / stock.adobe.com - Geburtspositionen: Besser hocken, liegen oder knien?

Wenn es um die Geburt eines Kindes geht, können wir Frauen uns eigentlich darauf verlassen, dass wir Naturtalente sind. - Oft sagt uns bereits die Intuition, wie es richtig geht. Dennoch kann es sehr hilfreich sein, zu verstehen, wie eine Geburt "funktioniert" und welche Rolle Geburtpositionen dabei spielen.

Lerne nachfolgend die gängigsten Geburtspositionen samt Vor- und Nachteilen kennen und erfahre, wie dir diese Stellungen in den verschiedenen Phasen der Entbindung hilfreich sein können.




Wie läuft eine Geburt ab?

Zunächst muss man eines vorwegnehmen: Es gibt keine "typische" Geburt. Jede Geburt ist einzigartig und ganz individuell. Im Durchschnitt jedoch dauert eine Geburt über alle Phasen 8 - 13 Stunden, mit einer wohlgemerkt großen Variationsbreite. Vor allem beim ersten Kind kann es deutlich länger dauern.

Die längste Phase ist die Eröffnungsphase, die in der Regel mehrere Stunden in Anspruch nimmt. In dieser Zeit öffnet sich langsam der Muttermund und die Wehenabstände werden immer kürzer, das Kind rutscht weiter in den Geburtskanal hinein.

Die darauffolgende Übergangsphase ist genau genommen ein Teil der Eröffnungsphase, erhält aber häufig besondere Beachtung. Während dieser Phase öffnet sich der Muttermund um die letzten 2 cm, bis er mit rund 10 Zentimetern vollständig geöffnet ist. Die Geburt steht dann unmittelbar bevor und es beginnt die Austreibungsphase, in der man endlich pressen darf. Jetzt dauert es nicht mehr lange, bis das Baby geboren wird.

Tipp: Du möchtest mehr über den Ablauf bei einer Spontangeburt und die einzelnen Geburtsphasen erfahren? Dann empfehlen wir dir unseren Artikel Geburtsphasen: 4 Phasen der Geburt.


Du musst dich nicht für eine Geburtsposition entscheiden

Es ist gut, die gängigen Positionen zu kennen. Wenn es so weit ist, wirst du merken, welche dir guttut. Wahrscheinlich wirst du die Position während der Geburt mehrfach wechseln. Oft wissen wir instinktiv, was gut für uns und das Baby ist. In der Eröffnungsphase laufen viele Frauen noch herum, in der Austreibungsphase begibt man sich automatisch in Bodennähe, wobei mit Boden auch das Bett oder die Geburtswanne gemeint sein kann.

Solange kein medizinischer Notfall vorliegt oder du eine Periduralanästhesie (PDA) zur Schmerzreduktion bekommen hast, kannst du jederzeit deine Position frei wählen. In allen vertikalen Positionen kommt sowohl dir als auch deinem Baby die Schwerkraft zugute. Außerdem ist eure Sauerstoffversorgung besser, da deine Lunge sich in diesen Positionen besser entfalten kann. Schmerzen sind geringer und die Geburt wird beschleunigt.

Nachfolgend stellen wir 8 gängige Geburtspositionen vor und gehen auf ihre Vorzüge und Nachteile ein.


Geburtspositionen im Überblick
 © Siberian Art / stock.adobe.com - Geburtspositionen im Überblick


1.) Herumlaufen


Solange es geht, ist Herumlaufen für die meisten Frauen angenehm. Wichtig ist, dass du dich während einer Wehe abstützen oder festhalten kannst. Das kann an einer Wand oder auch am Partner sein. Im Laufen hilft dir die Schwerkraft, den Muttermund zu dehnen und zu weiten. Durch die Bewegung kann dein Baby leichter in den Geburtskanal rutschen.

Auf die Dauer ist das Herumlaufen mit Wehen alle paar Minuten gewiss sehr anstrengend. Zwischendurch kann man zum Ausruhen immer wieder mal in andere Positionen wechseln.


2.) Stehen


Das Stehen bietet die gleichen Vorteile wie das Laufen, ist aber noch ein wenig anstrengender. Auch hier kann man sich während der Wehen festhalten, zum Beispiel an einem Seil oder Tuch, das von der Decke hängt oder an einer Sprossenwand. Selbstverständlich darf auch diesmal der Partner stützen.


3.) Sitzen


Hierfür bietet sich ein Gymnastikball an oder ein Gebärhocker. Auf dem Ball ist man maximal beweglich. Auch ein gewöhnlicher Stuhl ist geeignet, dafür am besten rittlings draufsetzen, so kann man sich an der Lehne abstützen.

Ein Gebärhocker hat eine halbrunde Sitzfläche und kann dadurch auch in der Austreibungsphase genutzt zu werden, wenn Ball oder Stuhl den Geburtsausgang versperren würden. Der Gebärhocker ermöglicht ebenfalls eine gute Beweglichkeit des Beckens.


4.) Knien


Dies ist eine weniger belastende Position, außer für die Knie. Die Vorteile der Schwerkraft können ausgenutzt werden. Man kann sich zur weiteren Entlastung und Stabilisierung der Position vorn auf ein hochgestelltes Bettoberteil oder ähnliches lehnen. Notfalls kann man so zwischen den Wehen sogar kurz schlummern.


Knien
 © Siberian Art / stock.adobe.com - Knien als Geburtsposition


5.) Vierfüßlerstand


Das ist eine dem Knien ähnliche Position, der Oberkörper befindet sich durch das Aufstützen mit den Armen auf dem Boden weiter unten. Das entlastet die Knie etwas, da ein Teil des Gewichtes auf den Armen ruht.

Die Schwerkraft lässt sich nicht mehr ganz so gut nutzen, eine Beckenbeweglichkeit ist jedoch gegeben. Das Atmen ist in dieser Postion besonders einfach, was auch der Sauerstoffversorgung des Babys zugutekommt.


6.) Hocken


Hocken ist für Menschen unseres Kulturkreises extrem anstrengend, da wir es nicht gewohnt sind. Allerdings ist die sogenannte "tiefe Hocke" eine optimale Geburtsposition. Diese Position existiert auch im Yoga und nennt sich dort "Malasana". Der Geburtskanal ist dabei maximal geöffnet. Hinzu kommen die Vorteile der Schwerkraft.


7.) Seitenlage


Meist spürt man nach einer PDA seine Beine nicht mehr und kommt um eine liegende Position nicht herum. Die Seitenlage ist eine sehr entspannte Position, die sowohl in der Eröffnungsphase als auch in der Austreibungsphase eingenommen werden kann. Während der Austreibungsphase kann man das obere Bein auf der Schulter der Hebamme ablegen und sich während der Wehen mit dem unteren an ihrem Oberschenkel abstützen.

Die Beckenbeweglichkeit ist stark eingeschränkt. Auch kann man die Vorteile der Schwerkraft nicht nutzen. Die Geburt wird in liegenden Positionen eher verzögert.


8.) Rückenlage


Das ist die in Westeuropa am weitesten verbreitete Geburtsposition, trotz offensichtlicher Nachteile für Mutter und Kind. Vorteile bietet sie dagegen für Hebammen und Ärzte. Sie ist daher absolut notwendig, wenn medizinische Eingriffe erforderlich werden.

Hat die Gebärende eine PDA bekommen, ist dies eine Alternative zur Seitenlage. Die Nachteile entsprechen weitgehend denen der Seitenlage, die Dammrissgefahr ist in dieser Position am höchsten.


Eine Wassergeburt gilt als besonders angenehm

Eine Geburtswanne mit körperwarmem Wasser kann für die gesamte Geburt genutzt werden oder nur für eine bestimmte Zeit. Das Wasser sollte bis zur Brust reichen. Du entscheidest, wann und wie lange du im Wasser bleibst, sofern keine medizinischen Gründe dagegen sprechen. Eine PDA, eine Mehrlingsgeburt oder ein vorzeitiger Blasensprung sind absolute Hinderungsgründe für eine Wassergeburt. Das Wasser nimmt einem eine Menge Körpergewicht ab, die Wärme entspannt zusätzlich. Schwangere, die im Wasser geboren haben, berichten über ein reduziertes Schmerzempfinden.

Um das Baby muss man sich keine Sorgen machen, es kann sogar unter Wasser das Licht der Welt erblicken, da es reflexartig nicht atmet, solange es sich unter Wasser befindet. Einige Positionen sind in der Wanne nicht möglich, wie die liegenden, aber auch Stehen ist gefährlich wegen Rutschgefahr. Außerdem kommen die Vorteile einer Wassergeburt im Stehen kaum zum Tragen.

Mehr zur Wassergeburt


Wassergeburt
 © Siberian Art / stock.adobe.com - Wassergeburt als Alternative


Welche Positionen eignen sich für die Eröffnungsphase?

In dieser Zeit ist man besonders frei in der Wahl der Position, ein häufiger Positionswechsel stellt kein Problem dar. Je mehr Bewegung und je mehr aufrechte oder halbaufrechte Haltungen, um so besser unterstützt man das Baby in seiner Geburtsarbeit. Die Geburt geht schneller und das Atmen ist erleichtert. Verlass dich in der Wahl der Position auf dein Empfinden. Wenn dir Liegen angenehm ist, ist es die richtige Position für dich.

Mehr zur Eröffnungsphase


Die besten Positionen für die Austreibungsphase

Alle Positionen, in denen der Intimbereich frei ist, sind geeignet. Das schließt im Grunde nur das Sitzen aus, es sei denn, man verwendet einen Gebärhocker. Der Positionswechsel wird etwas schwieriger, da schon einige Kräfte aufgebraucht sind. Die meisten Gebärenden entscheiden sich daher in dieser Phase für eine der entspannteren Haltungen, wie etwa das Knien, den Vierfüßlerstand oder das Liegen.

Mehr zur Austreibungsphase


Vierfüßlerstand
 © Siberian Art / stock.adobe.com - Vierfüßlerstand als Geburtsposition


Entspannt in der Nachgeburtsphase

Das Baby ist da! Überlegungen über Schwerkraft, Schmerzen oder Atmung spielen nun keine Rolle mehr. Stattdessen warten jetzt alle auf die Nachgeburt, die Plazenta. Das kann in entspannter Position erfolgen, oft liegt das Baby auf dem Bauch der Mama, sodass sich die Rückenlage anbietet. So kann auch die Hebamme ihre Arbeit am einfachsten tun.

Mehr zur Nachgeburtsphase


(Wie) lässt sich ein Dammriss vermeiden?

Alle aufrechten und halbaufrechten Positionen sorgen für einen durchgehenden Druck auf den Beckenboden und Damm, der dadurch gut vorgedehnt wird für den Moment der Geburt. Die Dammrissrate ist in den liegenden Positionen höher, besonders in der Rückenlage.

Auch wenn sich das Risiko eines Dammrisses nie ganz eliminieren lässt, so kannst du deinen Damm bereits im Vorfeld der Geburt durch die regelmäßige Dammassage vorbereiten. Falls es dennoch dazu kommt, gibt es einige Maßnahmen, mit denen du Beschwerden lindern und eine schnelle Heilung bei einem Dammriss fördern kannst.


Geburtspositionen
 © Ken / stock.adobe.com - Geburtspositionen: Besser hocken, liegen oder knien?