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Seit mehr als 30 Jahren wird in Deutschland die Geburt im Wasser angeboten. Die Wassergeburt gilt als sanfte und schmerzarme Geburtsmethode. Sie ist heutzutage eine beliebte Alternative zur spontanen Entbindung.
Eine gerade veröffentlichte Studie der Oxford Brookes University (Oxford, UK), die 160.000 Geburten auswertete, belegt, dass sie sicher ist und sogar viele Vorteile hat. Wir stellen euch den Ablauf vor und gehen auf die Vor- und Nachteile ein.
Eine Wassergeburt ist eine Geburt, die in einer Geburtswanne stattfindet. Die Wanne wird mit warmem Wasser gefüllt, was helfen kann, die Wehen zu lindern. Bei manchen Frauen kann der Aufenthalt im Wasser jedoch auch die Wehen fördern. Wenn es Zeit für die Geburt ist, steigt die Mutter in die Gebärwanne und lässt ihren Körper die Arbeit erledigen.
In den meisten Fällen wird das Baby unter Wasser geboren und dann zum Luftholen an die Oberfläche gebracht. Einige Frauen entscheiden sich dafür, ihre Babys vom Partner oder einer Hebamme "auffangen" zu lassen, während andere ihre Babys frei im Wasser schwimmen lassen, bis sie bereit sind, hochgehoben und abgetrocknet zu werden.
Das warme Wasser entspannt. Schmerzen werden so gemindert, es werden nachweislich weniger Schmerzmittel benötigt. Es kommt seltener zu Dammrissen oder Dammschnitten, da das Gewebe der Dammregion durch die Wärme gelockert und dehnfähig ist. Die entspannende Wirkung des warmen Wassers soll auch dem Baby zugutekommen, es erleichtert ihm die Geburtsarbeit.
Bei einer Wassergeburt verlieren Gebärende auch mehrheitlich weniger Blut. Der Aufenthalt im Wasser beschleunigt die Geburt und kann sie um mehrere Stunden verkürzen. Letztlich gilt die Wassergeburt als für das Baby besonders stressfrei und angenehm. Es landet nämlich aus dem Fruchtwasser direkt im körperwarmen Badewasser. Das mildert den Geburtsschock.
Egal, ob du dein Kind in einer Klinik, einem Geburtshaus oder zu Hause bekommst - eine Wassergeburt ist grundsätzlich möglich, sofern die entsprechende Ausstattung vorhanden ist. Die meisten Kreißsäle und Geburtshäuser haben eine große Gebärwanne. Viele Hausgeburts-Hebammen besitzen einen aufblasbaren, stabilen Gebärpool, den sie zur Geburt mitbringen können. Theoretisch kannst du auch deine herkömmliche Badewanne benutzen. Das Vorhandensein einer rutschfesten Einlage und eventuell Haltegriffen wäre optimal.
Die Arbeit der Hebamme ist bei Nutzung einer normalen Wanne erschwert, denn sie bietet wenig Überblick und Handlungsfreiheit bei den Untersuchungen. Für Hebammen sind Wassergeburten eine Herausforderung. Selten ist die Wanne so beschaffen, dass eine ermüdungsfreie Haltung der Hebamme bei den Untersuchungen möglich ist.
Unter Schwangeren taucht immer wieder die Frage auf, welche Kleidung man zur Geburt tragen sollte. Das allgemein empfohlene weite Oberteil ist im Wasser weniger geeignet. Hier kommt zum Beispiel ein Bikini infrage, das Höschen kann in der Austreibungsphase leicht ausgezogen werden. Tatsächlich ist es den meisten Gebärenden völlig egal, ob sie nackt sind oder Kleidung tragen. Jede Faser deines Körpers ist mit der Geburt an sich beschäftigt. Zwischen den Wehen macht sich kaum jemand Gedanken über sein Aussehen.
Jede dritte Schwangere wünscht sich eine Wassergeburt. Aus verschiedenen Gründen sind es weniger als 10 Prozent, die in Deutschland ihr Baby dann tatsächlich im Wasser bekommen. Prinzipiell kann nach komplikationsloser Schwangerschaft jede Geburt im Wasser stattfinden. Was dagegen spricht, sind Vorerkrankungen der werdenden Mutter, etwa ein Diabetes oder eine Präeklampsie ("Schwangerschaftsvergiftung") beziehungsweise eine HIV- oder Hepatitis-Infektion.
Der häufigste Grund für einen Arzt, von einer Wassergeburt abzuraten, ist eine Frühgeburt. Die Haut des Babys ist noch nicht vollständig entwickelt, und es besteht ein Infektionsrisiko, wenn es im Wasser geboren wird. Die Schwangerschaft muss sich mindestens in der 38. Woche befinden.
Mehrlinge oder Babys in Beckenendlage sollen ebenfalls nicht in der Wanne zur Welt kommen. Auch bei besonders großen Kindern wird von einer Wassergeburt abgesehen. Hintergrund ist die erhöhte Wahrscheinlichkeit von Geburtskomplikationen in allen genannten Fällen, denn ein Nachteil der Wassergeburt ist, dass du im Notfall nur mit Verzögerung in eine trockene Geburtsumgebung wechseln kannst. Hast du im Verlauf der Geburt bereits eine Periduralanästhesie (PDA) oder Lachgas erhalten, ist keine Wassergeburt mehr möglich.
Es steht dir völlig frei, wann du in die Wanne steigst und auch, wann du wieder herauskletterst. Lass dich dabei von deinem Gefühl leiten. Es gibt Frauen, die wechseln im Verlauf der Geburt lieber nach draußen. Andere steigen erst gegen Ende der Geburt ins Wasser. Sofern es keine medizinischen Gründe gibt, die dagegen sprechen, ist alles erlaubt.
Entbindest du im Krankenhaus, kann es sein, dass du erst während der Austreibungsphase Zugang zum Kreißsaal hast. Manchmal gibt es für die Zeit davor ebenfalls die Möglichkeit, eine Wanne zu nutzen. Einige Krankenhäuser wiederum haben Richtlinien, die festlegen, dass Frauen den Pool nicht betreten dürfen, bis der Muttermund 8 cm geweitet sind, aber das ist nicht universell. Informiere dich am besten vor der Geburt über die Angebote der Krankenhäuser, die für dich infrage kommen.
Eine Gebärwanne im Kreißsaal ist geräumig und hat Möglichkeiten zum sicheren Festhalten. Das Wasser reicht optimalerweise bis zur Brust, damit dir nicht kalt wird. Die Wassertemperatur beträgt mindestens 32 Grad Celsius. Sie wird spätestens gegen Ende der Geburt auf Körpertemperatur oder 36-37 Grad Celsius angehoben, um dem Baby die Ankunft so angenehm wie möglich zu machen.
Du musst übrigens für die Untersuchungen der Hebamme nicht aus der Wanne steigen. Sie finden unter Wasser statt. Für die Hebamme ist das Arbeiten am angenehmsten, wenn sie sich ebenfalls in der Wanne aufhält. Dies ist jedoch unter Klinikbedingungen unpraktisch, da sie oft mehrere Schwangere parallel betreut.
Eine Periduralanästhesie ist bei Wassergeburt nicht möglich, denn in der Regel spürt man danach seine Beine nicht. Auch Lachgas kann wegen Unfallgefahr in der Wanne nicht eingesetzt werden. Ein Tropf mit Opioiden ist möglich. Dazu musst du wissen, dass Opioide die Atmung dämpfen, auch beim Baby. Es gibt zwar ein Gegenmittel, das jedoch die Wirkung der Schmerzmedikamente vermindert.
Gegen die Anwendung krampflösender Medikamente wie Butylscopolamin (Buscopan(R)) spricht nichts. Folgende sanfte schmerzreduzierende Maßnahmen können problemlos eingesetzt werden: Akupunktur, Homöopathie, Aromatherapie. Das entspannende Bad an sich trägt bereits zur Reduktion von Schmerzen bei.
Diese Frage kann mit einem klaren Nein beantwortet werden. Babys reagieren mit dem sogenannten Tauchreflex. Solange sie unter Wasser sind, verschließt der Kehldeckel automatisch die unteren Atemwege, sodass kein Wasser eingeatmet werden kann. Erst wenn der Bereich zwischen Nase und Mund mit Luft in Kontakt kommt, wird das Baby seinen ersten Atemzug tun. Bis dahin versorgt die Nabelschnur es weiter mit Sauerstoff.
Viele fragen sich auch, wie hygienisch die Geburt unter Wasser ist. In der oben erwähnten, großangelegten Studie wurde kein erhöhtes Infektionsrisiko festgestellt. Die einzige Komplikation mit erhöhter Wahrscheinlichkeit war ein Abriss der Nabelschnur. Es handelt sich dabei um ein für Mutter und Baby ungefährliches Ereignis, das von einer Hebamme rasch versorgt werden kann.
Eine Wassergeburt hat viele Vorteile für Mutter und Kind. Jedoch sollten Schwangere auch die Nachteile kennen. In jedem Fall ist es sinnvoll, sich im Vorfeld der Geburt alle Möglichkeiten in Kreißsaal oder Geburtshaus zeigen zu lassen. Planst du mit deiner Hebamme eine Hausgeburt, wird sie dir alle Optionen genau erklären. Scheue dich nicht, Fragen zu stellen, wenn dir etwas unklar ist oder du dir bestimmte Sorgen machst.
Während der Geburt wird entscheidend sein, wie du empfindest. Es hängt von dir ab, ob und wann du die Wanne nutzt. Grundsätzlich gilt: Wenn du dich in einer Geburtsposition unwohl fühlst, solltest du sie wechseln, auch mehrfach. Dagegen können allenfalls medizinische Gründe sprechen.